Glykämische Index – Richtwert für eine gesunde Ernährung?
Glykämische Index - Richtwert für eine gesunde Ernährung?
Egal ob ich mich mit Patienten oder mit Freizeit-Spitzensportlern unterhalte, irgend wann landen fast alle Gespräch beim Thema "Gesunde Ernährung" - und dann oftmals auch beim "Glykämischen Index von Nahrungsmitteln".
Wobei die vorherrschende, allgemeine Meinung ist, dass ein hoher Glykämischer Index schlecht für die Zuckerwerte im Blut ist und auf lange Sicht dadurch Schaden anrichten kann - als Stichwort fallen dann Übergewicht und Diabetes Typ 2.
Ab und an kommt es dann auch noch zu der Aussage, dass eine Low-Carb-Diät sowieso, unter „Informierten (Freizeit-) Spitzensportler die bessere Ernährungsform sei, da diese Ernährung auch Weltmeister anwenden und d i e müssen es ja wissen!
Dabei, so stelle ich immer wieder fest, ist das Wissen Rund um den Glykämischen Index meist nur oberflächlich vorhanden, geht über "es gibt Tabellen im Internet nach denen man sich richten kann" oft nicht hinaus und, viel wichtiger, es ist meist nicht alltagstauglich.
Ich gebe es zu, erst durch diese Art von Gesprächen habe ich mich vor nunmehr 5 Jahren tiefer mit dieser Materie befasst, weil ich wissen wollte, was es mit dem Glykämischen Index so auf sich hat...
Nun, aufgrund einer erneuten Diskussion vor ein paar Tagen habe ich mcih entschlossen diesen Beitrag zu schreiben, obwohl es schon einen ganze Menge guter und schlechter Beiträge im Netzt zu diesem Thema gibt - aber immer ist es eben ein wenig anders. ;-)
Dieser Blogbeitrag besteht aus zwei Teilen. Der Erste enthält weitgehend allgemeine Informationen zum Glykämischen Index, seiner Bedeutung für die Ernährung allgemein und seine Alltagstauglichkeit. Viele der Informationen wurden bereits von Dr. John McDougall (www.drmcdougall.com) zusammengetragen und ich erbat die Erlaubnis diese Informationen einfach sinngemäß ins Deutsche zu übersetzen und zu verwenden. Man muss das Rad ja nicht immer neu und Dr. McDougall ist ein erfahrenerpraktischer Arzt und Wissenschaftler.
Wie so oft ergänze ich im zweiten Teil den Beitrag mit meinen eigenen Schlussfolgerungen und anderen Recherchen aus anderen Quellen.
Ich hoffe, wie immer, es bringt Sie ein wenig weiter bei Ihrer Gestaltung einer gesunden Ernährung.
Der Glykämische Index - was ist das?
Das Konzept des Glykämischen Index (GI) wurde von David Jenkins von der Universität Toronto erstmals im Jahre 1981 vorgestellt.
Der Glykämische Index misst den Anstieg des Blutzuckers einer Person über zwei bis drei Stunden, nach dem Verzehr einer bestimmten Menge Nahrungsmittel, die 50 Gramm Kohlenhydrate enthalten.
Der Blutzuckeranstieg wird dann mit einem Standardwert verglichen, dem Anstieg des Blutzuckers nach dem Verzehr von Glucose (Zucker) oder Weißmehlbrot, welches ebenfalls 50 Gramm Kohenhydrate enthält. Das Ergebnis des gemessenen GI wird schlussendlich in Prozent dargestellt.
Fleisch, Käse, Geflügel, Fisch und Eier haben keinen GI-Wert an sich, da sie keine oder nur sehr wenig Kohlenhydrate enthalten.
Wenn man nur den Glykämischen Index eines Nahrungsmittels betrachtet, dann wäre ein niedriger Glykämischer Index positiv, da er den Blutzucker nur mässig ansteigen lässt, somit nur eine mässige Reaktion (Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse) hervorruft oder bedingt.
Zucker hat einen sehr niedrigen Glykämischen Index (GI), demnach sollte man, wenn man der allgemeinen Überzeugung die Nahrungsmittel nach dem GI zu beurteilt folgt, eine gesündere Wahl treffen, wenn man Schokoladenkekse anstatt Karotten isst oder lieber eine mit Käse überbackende Pizza anstatt Kartoffeln. Bonbons und Eiscreme, wegen ihres einfachen Zuckers und des enthaltenen Fettes, werden vom Magen-Darm langsam verdaut. Das bedingt einen langsameren Blutzuckeranstieg als der Verzehr eines großen Tellers Vollkonpasta mit tomatensauce. Die unter meinen Patienten oftmals beliebten Doppel-Wopper, Doppel-Cheese Burger, Hamburger, Pommes, Thüringer Rostbratwürstchen etc. haben in der Regel ebenfalls einen niedrigeren GI, als die sogenannten „Gesunden Nahrungsmittel“, wie Vollkornbrot und Vollkornreis.
Ein Nahrungsmittel mit einem hohen Glykämischen Index hingegen ist schlecht, denn es bedingt einen raschen und hohen Anstieg des Blutzuckers und fordert daher eine größere Reaktion der Bauchspeicheldrüse (Insulin), um den Blutzucker wieder zu normalisieren.
Die Forscher um Jenkins nutzten allerdings zu iohrer Zeit eher eine vegetarische Ernährung für ihre Untersuchungen und so gut wie keine, heut übliche, industriell stark verarbeiteten Nahrungsmittel, die auch als Junkfood bestens bekannt sind.
Junkfood mit einen GI unter 40 | Gesunde Nahrungsmittel mit einem GI höher als 80 |
---|---|
Schokogetränk gesüßt | Datteln, getrocknet |
Schokolade | Maisbrei/Polenta |
Schweinsbratwurst | Karotten, gekocht |
M & M’s mit Nüssen | Kartoffelpüree |
Nestle Erdbeerdrink | Kohlsuppe |
Bierschinken | Pastinake |
Butter | Sellerie, gekocht |
Camembert | Cornflakes aus Mais |
Eisbein | Hirse |
Fischstäbchen | Kartoffeln, gebacken |
Leberkäse | Wassermelone |
Wie man aus der kurzen Aufstellung ersehen kann, ist der reine GI, wenn es um die Bewertung eines Nahrungsmittels und seiner Wirkung auf die Gesundheit geht, nicht alltagstauglich.
In der Kategorie der „Gesunden Kohlenhydrate“ tendierten Obst und Gemüse, nicht stärkehaltige Lebensmittel, Nüsse und Hülsenfrüchte dazu, einen niedrigen GI zu haben. Der GI von Getreide variiert, ist aber in der Regel hoch. Kartoffeln, Mais, Vollkornreis, Porridge, Trockenfrüchte und Bananen z.B. (verglichen mit anderen Früchten) haben dahingegen, auf natürliche Weise, unter anderem durch einen hohen Stärkeanteil, einen relativ hohen GI.
Der Glykämische Index hängt auch von der Nährstoffdichte im Nahrungsmittel ab - darum hat, z.B. ein Schokoriegel einen relativ niedrigen GI, weil der Körper ja auch noch relativ viel Fett verdauen muss. Was keine Erhöhung des Blutzuckerspiegels nach sich zieht. (Jedoch andere, gesundheitsschädliche Reaktionen, wie wir im Beitrag über die Gesundheit der Blutgefäße erfahren haben)
Um den GI für die Erfassung und Bewertung der tägliche Nahrungsaufnahme relevanter zu machen wurde das Konzept der Glykämischen Ladung, auch Glykämische Last genannt, eingeführt.
Dieser wurde eingeführt, weil die Forscher sehr schnell festgestellt hatten, dass der Glykämische Index allein, der den Blutzuckeranstieg einer bestimmten Person nach dem Verzehr von 50 Gramm Kohlehydraten misst, nichts mit der täglichen Ernährung, den verzehrten Mengen von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten etc. zu tun hatte. Wer bitte isst denn schon bei einer Mahlzeit nur eine bestimmte Art Lebensmittel und davon dann nur soviel, dass er 50 kcal zu sich nimmt?
Die Glykämische Last (GL) sagt also mehr über die konsumierten Kohlenhydrate und ihre Wirkung auf den Blutzucker im Alltag aus, als der reine Glykämische Index.
Die Formel lautet demnach:
GL = Glykämischer Index durch 100 mal Kohlenhydratmenge der konsumierten Mahlzeit.
Nimmt man dann als Beispiel die Schokolade (niedriger GI) und vergleicht sie mit der Wassermelone (hoher GI) dann verhält sich das Ergebnis der Glykämischen Last umgekehrt - plötzlich habt die Wassermelone einen besseren, weil niedrigeren Wert, verglichen mit Schokolade.
Die Ergebnisse des GI demonstriert den Irrtum der öffentlichen Vorstellungen, dass die Absorbtionsrate nur ein Problem von „einfacher Kohlenhydrate“ (einfach Zucker) versus „komplexer Kohlenhydraten“ (Stärke) ist.
Unser Darm ist aber kein passives Sieb, welches Molekülen nach deren Größe erlaubt zu passieren, noch ist er eine aktive Membrane die mit einer „Intelligenz“ ausgestattet nur gezielt ausgewählten Nahrungsmittel, mit dem korrekten GI und in der korrekten Menge, den Durchtritt erlaubt. Die große Menge an Kohlenhydraten, die in unserer Nahrung gefunden wird, hat eine große Bandbreite, was die chemische Zusammensetzung und die physische Struktur betrifft. Als ein Resultat von komplexen Interaktionen, werden sie also vom menschlichen Dünndarm, in verschiedenster Weise verdaut und absorbiert, was eine sehr unterschiedliche Erhöhungen des Blutzuckers und verschiedene Reaktionen des Insulin nach sich zieht.
Der GI ist daher nur eine weitere Möglichkeit die Qualität von Nahrung zu umschreiben!
Nahrungsmittel werden meist basierend auf ihren Makronährstoffen beschrieben. Wie z.B. wenig Kohlenhydrate (low-carb), fettreich, mager, proteinreich (high-protein) und ballaststoffarm, auch sind die Gesamtkalorienzahl pro Portion und der Cholesteringehalt ebenfalls wichtige Beschreibungen. Manche der Mikronährstoffe, wie Mineralien (Salz, Kalium, Kalzium, Magnesium) und Vitamine (A, B, C, E) werden auch als wichtig genug erachtet, um erwähnt zu werden, wie das Kalzium in der Milch, das Vitamin C in Orangen und das Eisen im Fleisch. Meist um einen "gesundheitlichen Vorteil" beim Verzehr dieser Nahrungsmittel zu suggerieren - vor allem wenn es sich um Junkfood handelt, dann liest man oft: Mit extra viel Calzium! oder "Fettreduziert".
Schauen Sie auf die „Nährwertangaben“ auf Fertigprodukten - Sie werden Angaben zur Gesamtkalorienzahl, Fett, Protein, Kohlenhydrate und manchmal auch Ballaststoffe und Salz finden. Ganz vorbildliche Hersteller informieren ihre Kunden auch darüber, wie sich diese Inhaltsstoffe zum „empfohlenen Tagesverzehr“ verhalten - was natürlich gar nichts aussagt - denn kein Hersteller kann garantieren, dass die enthaltenen Vitamine oder Mineralien auch zu 100 % vom Darm des Konsumenten absorbiert werden!
Nahrungsmittel werden manchmal aber auch auf Grund Ihrer Funktion beschrieben. Der „Sättigungsfaktor“ beschreibt den Effekt der Mahlzeit auf den Appetit oder Hunger, so werden zum Beispiel Kartoffeln als sieben Mal so befriedigend und sättigend beschrieben, als z.B. ein Croissant, Fleisch oder Käse. (A satiety index of common foods - Journal Clinical Nutrition 1995 Sept;)
Sie möchten, dass Ihre Mahlzeit sie sättigt!
Die Erhöhung des Insulinspiegels im Blut, nach einer Mahlzeit, wird als „Insulin-score“ gemessen und ausgedrückt. In diesem Fall lässt Rindfleisch mehr Insulin produzieren als Vollkornnudeln und Käse erzeugt einen höheren Insulin-Scoreals als Porridge. Insulin bringt das Fett direkt und ohne Umwege in die Fettzellen, so dass einen „hohen Insulin-Score“ zu haben ein echter Nachteil sein kann, wenn man gerade versucht abzunehmen.
Also - niedriger Glykämischer Index ist nicht notwendigerweise gleich zu setzen mit der Wahl von gesunden Nahrungsmitteln.
Der GI von Fructose liegt bei, je nach Quelle, ca. 30 - ungefähr das niedrigste was man finden kann. Haushaltzucker, auch bekannt als weißer Zucker, Würfelzucker oder Rohrzucker, da aus einer Hälfte Fructose und eine Hälfte Glucose besteht, liegt bei etwa 75.
Eine Ernährungsweise mit viel Zucker ist eine Ernährungsweise mit einem moderaten GI. So berichtet z.b. Dr. Mc Dougall in seinem Newsletter, zum gleichen Thema, bereits im Jahre 2006, dass jeder US-Bürger, jedes Jahr circa 19,2 kg High-Fructose-Corn-Sirup (GI 60) und 20,5 kg Haushaltzucker (GI 68) konsumiert. Mit anderen Worten, essen sie jeden Tag ungefähr 115 g des moderate GI-Nahrungsmittels (dieser beiden Zuckersorten), was man auch in 500 „leere Kalorien“ umrechnen kann, die die US-Amerikaner durchschnittlich konsumieren. „Leeren Kalorien“ in einem Nahrungsmittel bedeuten, nicht essentiell zum Leben notwendig - so wie Protein, essentielle Fettsäuren, Vitamine, Mineralien oder Ballaststoffe. Einfacher Zucker, wie weißer Zucker und High-Fructose-Corn-Sirup (Maissirup) beeinträchtigt nachteilig die Wirkung von Insulin, verursacht Gewichtszunahme und erhöht den Triglyceridspiegel - alle drei Faktoren erhöhen das Risiko auf Diabetes Typ 2.
HFCS wird als ein ursächlicher Faktor für die Erhöhung der Übergewichtsepedemie in der westlichen Welt angesehen.
Randnotiz: Etwa 90% des Zuckers im Maissirup mit hohem Fruchtzuckeranteil (High-Fructose-Corn-Sirup - genannt HFCS-90) kommt vom Fruchtzucker. In den USA wird die inländische Produktion von Mais seit langem subventioniert, während Zuckerimporte verzollt werden müssen. Es gib in den USA verschiedene „High-Fructos-Corn-Sirup“ Sorten, wobei die Zahl hinter der Bezeichnung immer die Menge der Glucose bezeichnet. So hat HFSC-42 z.B. 42 % Fructoseanteil und HFCS-55 dagegen 55 % Fructose. Es sit das in der USa meist verwendetste Süßungsmittel für industriell hergestellte Nahrungsmittel!
In Deutschland wird der Glucosesirup, der bis zu 5 % Fructose in der Trockenmasse enthält als „Glucose-Fruktose-Sirup“ ausgewiesen, wenn er mehr als 5 % Fructose in der Trockenmasse enthält, dann wird er „Fruktose-Glucose-Sirup“ genannt. (Quelle: Zuckerverordnung Deutschland ) Was jedoch den Glucosesirup perse nicht zu einem wertvollerem Nahrungsmittel macht - er bleibt ein Träger von "leeren Kalorien"
ACHTUNG: Ab dem 01.Oktober 2017 darf der hochrpozentige Fruktose-Glucose-Sirup der USA jetzt auch in Deutschland eingesetzt werden, da die EU-Quotenregelung weggefallen ist! Das bedeutet, dass Sie zukünftig ebenfall Nahrungs- und Genussmittel mit einem 90 % tigem Hight-Fructose-Corn-Sirup im Supermarktregal finden werden, nur wird dieser dann in Deutschland wohl Isoglucose genannt werden. Wir haben uns erfolgreich gegen TTIP, das Freihandelsabkommen mit den USA, gewehrt, auch weil die Konsumenten vor „Chlorhühnern“ Angst hatten - ich glaube jedoch, dass mit dem Wegfall der EU-Quotenregelung für Fructose ein viel größeres Probem auf uns zukommen wird - denn Fructose ist billiger in der Herstellung als Zucker und wird somit die Vorherrschaft bei den industriellen Süßungsmitteln erringen.
Fassen wir also zusammen.
Sich auf eine Ernährung mit einem geringen Glykämischen Index zu konzentrieren, während man die anderen Qualitäten der Nahrungsmittel ignoriert, ist sehr gefährlich!
Weil es einen einfachen Weg gibt um die Blutzuckerreaktion auf den Konsum von Kohlenhydraten, also den Glykämischen Index zu senken: Man muss nur gleichzeitig mehr Fette und Protein - die überwiegenden Bestandteile von Fleisch, Geflügel, Eiern und Käse, essen.
Wie Sie bereits aus meinen vorherigen Blogbeiträgen wissen, sind die Nahrungsmittel, die reich an tierischen Fetten und tierischem Protein sind, mittlerweile gut in die tägliche Ernährung eingeführt und etabliert worden, um Ihre Arterien, Knochen und Nieren zu zerstören - was wiederum zu Herzinfarkten, Schlaganfällen, Osteoporose, Nierensteinen, Nierenversagen und Krebs führen kann.
Trotzdem richten eine Menge Menschen Ihre gesundheitliche Zukunft noch immer nur oder hauptsächlich nach dem GI aus.
Wie auch immer, vom der praktischen Seite der täglichen Nutzung aus gesehen, ist der Glykämische Index wertlos, weil er zu komplex und vor allem veränderbar ist, um Menschen präzise zur Auswahl geeigneter und gesunder Nahrungsmittel zu führen. Mehr noch, verschiedene Studien fanden eine große Vielzahl von verschiendenen GI-Angaben zu ein und demselben Nahrungsmittel, zum Beispiel varrierten die Angaben des GI für Mais von 37, 46, 48, 59, 60 und 62. Was keinen Wundert, da Mais nicht gleich Mais ist - es gibt viele verschiedene Sorten und nur wenige Konsumenten wissen wirklich, welche Sorte sie gerade konsumieren.
Oder nehmen Sie die Kartoffel, es gibt festkochende, vorwiegend festkochende, mehlig kochende Kartoffeln, es gibt rote, gelbe und violette Kartoffeln - all diese Eigenschaften hängen mit dem Stärkegehalt und anderen Nährstoffen in der Kartoffel zusammen und beeinflussen somit den GI.
Auch verändert kochen oder abkühlen den GI von Nahrungsmitteln. Die Reife der Nahrungsmittel erhöht ebenfalls den GI. Wenn man Ballaststoffe durch mahlen zerstört oder verkleinert und/oder die Ballaststoffe ganz entfernt (wie bei Weißmehl zum Beispiel), dann macht es die Kohlenhydrate einfacher verfügbar, schneller resorbierbar, was wiederum den GI erhöht. Wenn man Nahrungsmittel mischt (wie bei einer Mahlzeit üblich), dann resultiert das in einen „Misch-GI“, der nicht vergleichbar mit dem GI der einzelnen, individuellen Nahrungsbestandteile der Mahlzeit ist.
Erinnern Sie sich an die Aussage von Hippokrates: Die Dinge sind mehr als die Summe ihre Einzelteile!
Darum, auch mit der größten Anstrengung, werden Sie weit entfernt von Ihren „Glykämischen-Index-Ziel“ sein, genau wie so, wie man keine Kalorien täglich zählen kann oder immer seine Nahrung abwiegen kann.
Über die letzten drei Dekaden war der Konsum von Nahrungsmitteln mit einem hohen Glykämischen Index assoziiert mit verschiedenen chronischen Krankheiten, inklusive Diabetes Typ 2, koronaren Herzkrankheiten, Übergewicht und Krebs. Wie auch immer, die Datenlage ist weit entfernt von klaren und gleichbleibenden Aussagen. Als ein Ergebnis dessen wird die Brauchbarkeit des Glykämischen Index bei der Behandlung von Diabetes Typ 2 und Übergewicht weiterhin kontrovers debattiert.
Einige Organisationen, wie die Canadian Diabetic Association, sieht dieses Tool als nützlich an, während die American Diabetic Association den Nutzen des GI bei der Behandlung von Diabetes vermisst.
Aus meinen eigenen Erfahrungen heraus kann ich sagen, dass der GI bei der Behandlung der oben genannten Krankheiten in Deutschland eher keine Rolle bei den Hausärzten und Diabetologen spielt.
Kohlenhydrate mit einem hohen oder niedrigen GI resultieren weder in einer extrem hohen Kalorienaufnahme, noch in einer einer Gewichtszunahme. Tatsächlich ist eine kohlenhydratreiche Ernährung unerlässlich, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden.
Das hängt auch oder vor allem mit der Verstoffwechslung der Kohlenhydrate zusammen.
Der Konsum von Kohlenhydraten fördert die Befriedigung des Appetits und Nahrungsmittel mit einem hohen GI tun das eben besser als solche mit einem niedrigen GI, weil die Erhöhung des Blutzuckers nach einer Mahlzeit einer der Schlüsselmechanismen für die Befriedigung des Appetits und somit der Reduzierung der Nahrungsaufnahmemenge ist.
Weltweit gibt es noch heute Bevölkerungsgruppen von mehreren Millionen Menschen, die Nahrungsmittel mit einem hohen GI, wie z.B. Kartoffeln in Peru und Reis in Asien, als Hauptnahrungsquelle nutzen, die aber im Vergleich zur Bevölkerung westlicher Industriestaaten, wie den USA, Deutschland, Europa insgesmt, ein ganzes Leben lang schlank und aktiv sind.
Vergleichen Sie diese weltweiten Beobachtungen der übergewichtigen Bevölkerungen der USA, Australiens und Westeuropas, die täglich einen niedrigen Glykämischen Index feiern, mit Zucker, Fetten, Fleisch, Käse und Eiern!
Fett, und nicht Zucker, verursacht Diabetes!
Laut einem Statement der American Diabetes Association, „…. gibt es wenig wissenschaftliche Beweise, dass ausschließlich die Kohlenhydrate assoziiert sind bei der Entwicklung von Diabetes Typ 2. Vielmehr wurde eine stärkere Assoziation zwischen (Konsum) von totalem und gesättigten Fetten und Diabetes Typ 2 beobachtet.“
Zahlreiche Studien haben einen umgekehrten Zusammenhang zwischen der Höhe des Kohlenhydratkonsums und der Entwicklung von Diabetes Typ 2 gezeigt.
Bevölkerungsgruppen weltweit, deren Ernährung hauptsächlich aus Kohlenhydraten mit einem hohen GI besteht (Reis im ländlichen Asien; Kartoffeln in Peru) waren nahezu frei von Diabetes - die ändert sich derzeit, weltweit, durch die Globalisierung und dem „Glück“ der Menschen nun auch, mehr und mehr, unsere westliche Ernährungsweise übernehmen zu können. Diabetes Mellitus ist nun auch in China, Peru, Japan etc. auf dem Vormarsch!
Mit der zunehmenden Öffnung Chinas, gegenüber den westlichen Industriestaaten seit 1980 hat somit eine dramatische Wende begonnen, was den Lifestyle und die Gesundheit, auch der ländlichen Bevölkerung Chinas, betrifft. So berichtet ein Artikel mit dem Titel „Development and evaluation of a risk score fpr typ 2 diabetes mellitus among middle-aged Chinese rural population based on the RuralDiad Study“ darüber, dass „mit der rasanten ökonomischen Veränderung, sich der Lifestyle der Menschen weltweit, ebenfalls dramatisch geändert hat. Die Prävalenz (Ausbreitung, Erscheinung) und Inzidenz (Häufigkeit) von Diabets Typ 2 steigt in schnellem Tempo weltweit.“ So schätzt die internationale Diabetes Vereinigung, dass im Jahr 2015, 415 Millionen Menschen weltweit von Diabetes Mellitus Typ 2 betroffen waren, diese Zahl aber bis zum Jahr 2040 auf 642 Millionen Menschen ansteigen wird.
„Gleich ist die Entwicklung von Diabetes Mellitus Typ 2 im ländlichen China, es erfolgte eine dramatische Steigerung von weniger als 1 % der Bevölkerung im Jahre 1980 auf 10,3 % der Bevölkerung im Jahre 2010“, wobei man wissen sollte, dass 44 % der gesamten Bevölkerung Chinas im ländlichen Raum lebt.
Dieser Anstieg des Diabetes Mellitus Typ 2 im ländlichen China ist vor allem der Erhöhung des Fettanteils in der Ernährung der ländlichen Bevölkerung geschuldet, aus Quellen wie Milch, Käse, Fleisch etc.
Der Grund, warum Kohlenhydrate einen günstigen Einfluss auf Diabetiker haben, hat seinen Wurzeln in unserem fundamentalem Stoffwechsel. Bereits 1936 berichtete Harold Persival Himsworth davon, dass die Fähigkeit des Insulins den Blutzucker zu senken, sich durch das essen von Kohlenhydraten verbesserte. Im Gegensatz dazu paralysiert Fett in der Ernährung die Aktivität des Insulin, es verursacht eine Insulinresistenz und es verursacht die Erhöhung des Blutzuckers. (Fett wird im Prinzip 1:1 in die Fettzellen geschleust und verhindern dann, vom Inneren der Zelle aus, das einlagern von Zucker aus dem Blut, was wiederum eine Erhöhung der Insulinproduktion fordert)
All diese Veränderungen, kombiniert mit dem Resultat des Übergewichtes von Verzehr fettiger Mahlzeiten, fördert die Entwicklung von Diabetes Mellitus Typ 2. Für Menschen, die der typischen westlichen Ernährungsweise folgen gilt, dass ein Wechsel zu einer fettarmen, kohlenhydratreichen Ernährung das Fortschreiten von Diabetes verlangsamt. Die gleiche Ernährungsweise wird auch Ihren Diabete Mellitus Typ 2 heilen!
Der primäre Zweck des Essens ist das wieder auffüllen der Energiespeicher - am effektivsten wird dies durch das einverleiben von Kohlenhydraten erreicht - Stärke und Gemüse mit einem hohen Glykämischen Index tun dies am schnellsten. Kohlenhydrate aus unserer Nahrung fluten in unseren Blutstrom indem sie Blutzucker bilden. Das Hirn, des Nervensystem, die roten Blutkörperchen, die Nierenzellen, alle nutzen ausschließlich Zucker als Tankladung (zur Not kann unser Hirn auch Fett verbrennen). 20 % der täglichen Kalorien verbraucht das Hirn, was bedeutet, dass eine Menge Kohlenhydrate im Blutstrom nach dem Essen erscheinen müssen damit dieses Organ effizient arbeiten kann. Das ist ein Grund, warum eine Low-Carb-Diät, wie die bekannte Ätkins-Diät, assoziiert ist mit Problemen der Hirnfunktionen.
So untersuchten z.B. Wissenschaftler auch das Essverhalten der kenianische Marathon- und Langsteckenläufer.
Kenianische Läufer sind weltweit die erfolgreichsten Läufer, mit den meisten Olympischen Medaillen Gewinnern. Dabei stellten sie fest, dass die Mahlzeiten sich aus durchschnittlich 71-79 % Kohlenhydraten, der Fettkonsum hingegen betrug zwischen 15 % und 25 % im durchschnitt 23,3 %, der Rest wurde mit Protein gedeckt. Weiterhin stellten die Wissenschaftler fest, dass 88 % der gesamten täglichen Kalorien rein pflanzlicher Herkunft waren.
Kohlenhydrate werden in den Muskeln und der Leber als Glycogen gespeichert und später wieder in den Blutstrom freigegeben, was sofort Energie für den Körper während eines Wettkampfes bereitstellt. Für das effektivste auffüllen der Speicher, bietet Glycogen die meisten Reserven - Athleten habe gelernt Nahrungsmittel mit einem hohen Glykämischen Index für ihre Ernährung auszuwählen. Nahrungsmittel mit einem hohen GI zu wählen ist ein vernünftiger Ratschlag für jeden, der sich nach danach sehnt Stark und Energie geladen zu sein - nicht nur für Sportler.
Sie sollten sich also wenig Sorgen um den GI ihrer täglichen Nahrung machen!
Der glykämische Index ist nur eine weiterer Weg die funktionalen, physiologischen Effekte der Nahrung auf unseren Körper zu beschreiben und wissenschaftlich zu untersuchen. Viele bekannte Ernährungsweisen, speziell jene, welche das Essen von viel Fett- und Protein - Fleisch und Milchprodukte - fördern, haben den Glykämischen Index über alles andere platziert, um Gewicht zu verlieren. Das ignorieren der allumfassenden Qualität der Nahrung ist unklug, ja töricht.
Weil, allein der Umstand das ein Mensch nicht an Übergewicht leidet, dies noch lange nichts über den Gesundheitszustand seines Körpers aussagt.
Eine gute Chemotherapie lässt ebenfalls Ihre Pfunde purzeln, ebenso ein ordentlicher Alkoholabuse mit einer beginnenden Leberzirrhose.
Die Kohlenhydrate mit einem hohen GI, die in Nahrungsmitteln wie Kartoffeln oder Karotten gefunden werden, machen diese nicht ungesünder, auch macht es den einfachen Zucker, den man im Obst findet, nicht ungesund - solange sich Beides in seiner natürlichen Verpackung, der ganzen Frucht oder dem ganzen kompletten Stück Gemüse befindet und nicht raffiniert wird!
Ernährungsbewußte Menschen haben längst das generelle Konzept entdeckt, dass Hülsenfrüchte, Vollkorn, Obst und Gemüse gute Nahrungsmittel sind.
Im gesamten Schema der benötigten Nährstoffe die der Mensch benötigt, wird die Bedeutung der Absorbtionsrate der Kohlenhydrate (des GI) überschätzt und überbewertet, sie führt zu schlecht informierten Konsumenten, die eine schlechte Nahrungsauswahl treffen.