Keto-Diät auf dem Prüfstand
Die Keto-Diät auf dem Prüfstand
Wenn Sie nicht genug Kohlenhydrate essen, dann zwingen Sie Ihren Körper mehr Fett zu verbrennen.
Die Verfechter und Anhänger der Low-Carb-Diät suggerieren die Ansicht, dass bei einer ketogenen Diät oder der etwas abgeschwächten Form der bloßen Kohlenhydratreduzierung, durch die dadurch verminderte Produktion von Insulin, es zu einer verminderte Einlagerung von Fett in die Zellen kommt und es somit, sogar wenn Sie mehr Fett konsumieren, weniger Fett sich auf den Hüften ablagert. So dass dies am Ende zu einer größerer Fettverbrennung und wenigeren Einlagerung führt - die perfekte Kombination zum Fettverlust - so deren Theorie.
Aber kann man eine Badewanne voll mit Wasser entleeren, wenn man den Abfluss erweitert aber gleichzeitig den Wasserhahn noch mehr aufdreht?
Dieses Kohlenhydrat-Insulin-Model des Übergewichts, welche die ketogene Ernährungsweise (auch oft einfach nur als Low-Carb-Diät bezeichnet) als die Ernährungsweise mit den meisten Vorteilen darstellt, ist in einem wissenschaftlichen Experiment widerlegt worden. Die Ironie dabei ist, dass die von Keto-Diäten Verfechtern eigens initiierte Studien das exakte Gegenteil ihrer Behauptung zeigte: die ketogene Ernährungsweise versetzt Sie gerade zu in einen metabolischen Nachteil und verlangsamt den Abbau von Körperfett. Wieviel weniger Fett verlieren Sie bei einer Low-Carb Diät?
Wenn Sie rund 800 kcal weniger Kohlenhydrate pro Tag in Ihrer Ernährung streichen, dann verlieren Sie im Durchschnitt 53 Gramm Körperfett pro Tag, wenn sie die gleichen 800 kcal Kalorienmenge beim Fettkonsum einsparen, dann verlieren sie rund 89 Gramm Körperfett pro Tag!
Die Gleiche Anzahl Kalorien aber soviel, wie 9 Portionen Butter wiegen, mehr Fettverlust für ihren Körper an jeden Tag bei einer Low-Fett Diät, im Vergleich zu einer Low-Carb Diät. Die gleiche Menge an Kalorien aber rund 80 % mehr Fettverlust, wenn Sie Fett anstatt Kohlenhydrate aus der Ernährung streichen! Schauen Sie sich die Studie an, streichen Sie Kohlenhydrate und sie verlieren, natürlich, Körperfett.
Wenn sie jedoch Fett aus der Ernährung streichen, dann verlieren Sie noch mehr Körperfett - rund 80 % mehr Körperfettverlust und das ist es, was man in der Regel erreichen will.
Wir wollen Körperfett verlieren, nicht Wasser oder gar Muskelmasse. Der Titel der Studie spricht für sich selbst: „Calorie for Calorie, Dietary Fat Restriction Results in More Body Fat Loss than Carbohydrate Retriction in People with Obesity.“
(Kalorie für Kalorie, eine Ernährungsfett Restriktion resultiert in einem größerem Körperfettverlust als eine Kohlenhydratreduktion bei Menschen mit Übergewicht)
A B E R und das ist der Clou an dieser Studie, wenn Sie nur auf Ihre Badwaage sehen, also das was 99,9 % aller Menschen tun werden, wenn Sie eine Diät machen oder Ihr Gewicht kontrollieren, dann werden Sie fehlgeleitet und denken genau das Gegenteil. Weil die Waage in ihrem Bad eine andere Sprache spricht, sie in die Irre leitet. Nach 6 Tagen Verloren die Teilnehmer der Studie in der Low-Carb-Gruppe ca. 2 kg. Die Teilnehmer in der Gruppe mit der Fett Reduzierung verlor aber nur 1,5 kg.
Also, wenn Sie sich nun zu Hause auf die Waage stellen würden, dann würden Sie doch eindeutig sagen, dass die Low-Carb-Diet gewonnen hat, was die Gewichtsreduzierung angeht. Richtig?
Und genau daran können Sie selbst erkennen, warum die Low-Carb-Diäten, immer wenn sie wieder in Mode kommen, so erfolgreich sind und die Leute nur noch „Low-Carb“ machen wollen. Daran sehen Sie, warum die Low-Carb-Diäten und nun auch die Keto-Diäten so populär sind.
Dieser Wasser-Gewichts-Verlust hilf bei der Erklärung, warum die Low-Carb-Diäten solche „Goldesel“ für die Verleger und Autoren von Low-Carb-Büchern und Anleitung über die letzten 150 Jahre waren. Das ist deren Geheimniss oder wie ein Experte für Gewichstsreduzierung bemerkte: „Schneller Wasserverlust ist der 33 Millionen Diät-Trick“. Sie kennen sicher auch solche Bücher, wie „Die große Fett Überraschung“ oder Rosins Low Carb Bibel
Jedoch, was in Ihrem Körper selbst geschieht, das ist eine ganz andere Geschichte!
Zurück kommend auf die zitierte Studie stellte man selbst als Laie schnell fest, dass die Low-Carb Gruppe in erster Linie fettfreie Körpermasse verloren hatte - nämlich Wasser und Protein!
Wenn Sie Kohlenhydrate essen, dann füllt Ihr Körper, Ihre Muskeln und vor allem die Leber mit Glycogen auf, um im Bedarfsfall schnell Energie zur Verfügung zu haben. Essen Sie eine Kohlenhydrat reiche Kost an drei aufeinander folgenden Tagen und und sie füllen Ihre Muskeln an Armen und Beinen in etwa 1,5 kg mit Glycogen auf. Diese Glycogenspeicher leeren sich bei einer Low-Carb-Diät und nehmen eine Menge Wasser mit sich. Und die Ketone müssen ebenfalls ausgewaschen werden durch die Nieren, was noch mehr Wasser aus den Körper schwemmt. Auf der Badwaage kann sich das als 2 Kilo weniger innerhalb von 10 Tagen anzeigen aber das alles ist eben nur Wasserverlust.
Fazit: Die Keto-diät hält einfach nur kein Wasser im Körper.
Aber der Nervenkitzel, den man verspürt, wenn man jeden Morgen auf die Waage steigt, um zu sehen wie schnell die Pfunde purzeln, verführt die meisten Menschen immer wieder darauf zurück zu kommen. Wenn eine Diät misslingt, keine Ergebnisse auf lange Sicht bringt, dann beschuldigen die meisten Menschen die eine Diät machen in erster Linie sich selbst erst einmal. Diese schnelle Gewichtsabnahme, die man auf der Waage sehen kann, ist jedoch eher eine Art "Vergiftung des Psyche", die man vielleicht am Besten mit einem Alkoholrausch vergleichen kann. Weil man den Hangover nach einem schönen Alkoholrausch oft vergisst oder sehr gut verdrängen kann, macht man es immer und immer wieder. Wobei der Hangover bei einer Diät den JoJo-Effekt einer Diät darstellt. In der Psychologie hat man dafür eine Bezeichnung, man nennt es „das Falsche-Hoffnung-Syndrome“.
Die Diätenindustrie lebt von diesen „Bestandskunden“ und entwickelt irgend welche Low-Carb Diäten immer wieder neu, um den schnellen Wasserverlust zu initiieren. (Schauen Sie sich nur mal im Frühling die ganzen Illustrierten an und zählen Sie die Diäten, die versprechen in 10 Tagen eine Bikini Figur zu bekommen.) Aber bei einer nachhaltigen Körpergewichtsreduzierung, mit einem gesundheitlichen Gewinn, geht es in erster Linie um die Reduzierung des Körperfettes. In nur 6 Tagen entfernte die Low-Fett Diät 80 % mehr Körperfett aus dem Körper, als die Low-Carb Diät. Und es gibt nicht nur diese eine Studie. Wenn Sie sich all die kontrollierten Studien ansehen, wo man den Teilnehmer extra zubereitetes, kontrolliertes Essen gab, damit Wissenschaftler die Low-Carb Diät mit einer Low-Fett Diät vergleichen konnten, in welchen den Teilnehmern die gleiche Kalorienzahl aus der Ernährung entfernt wurde, dann sehen Sie immer das Gleiche Ergebnis. Die Low-Fett Diät sorgt immer für einen schnelleren Körperfettabbau.
Wenn eine Studie ein anderes Ergebnis zeigt, dann sollte man sehr genau den Studienaufbau analysieren, meist handelt es sich dann um sogenannte Beobachtungsstudien. Das bedeutet, dass z.B. Menschen nach ihrem berichteten Essverhalten ausgesucht und kategorisiert wurden - diese Studien sind sehr anfällig für Fehler. Ich beobachte dies, gemeinsam mit meinen Patienten, immer wieder aufs Neue, wenn ich sie bei der Erstanamnese berichten lasse, was Sie essen und trinken und wir dann beschließen über einen Zeitraum von 14 Tagen ein Ernährungstagebuch zu führen. Wenn man notiert was man isst und das dann mit den Erinnerungen vergleicht sieht man oft sehr große Unstimmigkeiten zwischen dem tatsächlich konsumierten und dem, an was man sich erinnert oder meint gegessen zu haben. Dann wird z.B. aus dem „ab und an“ mal ein Stück Schokolade oder ein süßes Teilchen plötzlich ein „jeden zweiten Tag“ Verzehr, der sich dann auf den Rippen widerspiegelt.
Lassen Sie mich abschließend noch einen weiteren Aspekt dieses Vergleiches der zwei Ernährungsdiäten ansprechen. In der oben genannten Studie wurden übergewichtige Menschen als Studienteilnehmer genutzt, da es darum ging zu zeigen, welche Auswirkungen eine Low-Carb bzw. Low-Fett Diät auf das Gewicht, konkret auf die Reduzierung des Gewichtes, eines übergewichtigen Menschen hat. Doch im normalen Leben, dass Sie und ich führen, geht es vielleicht überhaupt nicht um die Auswirkungen einer Diät auf ein schon bestehendes Übergewicht, da geht es vielleicht viel mehr darum zu erfahren, welchen Einfluss bestimmte Ernährungsweisen auf den Stoffwechsel ganz allgemein haben, um Übergewicht und/oder chronische Krankheiten vorzubeugen und/oder um sportliche Leistungen zu verbessern, nicht nur im Profi-Bereich. Dazu gibt es natürlich auch Studien und so zeigt z.B. eine Studie aus dem Jahr 2002 bereits, dass eine Low-Carb Diät sehr wohl einen negativen Einfluss auf die Performance von Ausdauersportlern hat. Natürlich spielen bei solch einer Untersuchung viele Faktoren eine Rolle, wie z.B. der Trainingsstand, die Trainingsintensität und so weiter. Trotzdem hat sich gezeigt, dass Sportler, die eine Low-Fett Diät bevorzugten z.B. ihren Erschöpfungspunkt weiter hinaus schieben konnten, als Sportler die eine Low-Carb Diät zu sich nahmen. Auch berichten Studien davon, dass bei einem direkten Vergleich unter kontrollierten Bedingungen, die Ausdauerathleten, die eine fettreiche Kost zu sich nahmen, sich mehr motivieren mussten, die Übungen bis zum Ende durchzuhalten, schneller ermüdeten und zwischen den Tests mehr geschlafen haben. (Wen wundert dies noch, hat doch eine einzige fettreiche Mahlzeit einen unmittelbaren Einfluss auf die Blutbahnen und den Blutfluss - siehe dazu auch meinen Blogbeitrag Olivenöl – Gesundheit pur!)
Dabei handelte es sich nicht um Profisportler, sondern eher um wenig bis moderat trainierte Ausdauersportler, das könnte z.B. auch ein Hinweis darauf sein, warum unter „Freizeitsportler“ sich das Gerücht ebenfalls hartnäckig hält, dass eine Low-Carb - High Fett Diät sich positiv auf die Performance auswirkt.
Spitzensportler setzen sich solchen Experimenten, vor allem während der Saison eher nicht aus, daher sind Studien hierzu sehr selten. Eine Studie berichtet allerdings davon, dass sich Elite-Ausdauersportler solch einem Experiment ausgesetzt haben, in dem sie entweder 4 Tage eine High-Carb (70 - 75 % Kohlenhydrate) oder eine High-Fett (Fett mehr als 65 %) crossover mit 18 Tagen auswaschen konsumierten. Getestet wurden an den Tagen 1 und 4, jeweils Übungen mit 20 Minuten länge und 65 % VO2 max. Anschließend 8 x 5 Minuten sportliche Übungen, bei 86 % VO2 max. mit jeweils 60 Sekunden Pause. Die Forscher konnten bei diesen Elitesportler keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen in den gemessenen Werten feststellen, doch interessanter Weise schätzen sich die Sportler die eine High-Fett Diät konsumierten am 4. Tag während der letzten Übungen subjektive als besser ein. Die Forscher kamen daher zu dem Schluss, dass eine kurze Phase einer High-Fett Diät bei einem Elitesportler keine Auswirkungen auf seine sportlichen Leistungen hat, wohl aber auf das subjektive Erleben seiner eigenen Leistung.
Vor ein paar Tagen habe ich die brandneue Dokumentation „The Game Changers“ im Kino als Weltpremiere, zusammen mit meiner Frau, angesehen. Ich empfehle sie Ihnen dringend, wenn sie offiziell in die Kinos kommt (ab 01.Oktober 2019) sich anzusehen. Es geht bei der Dokumentation, in erster Linie, um den sportlichen Vorteil den man erlangen kann, wenn man sich rein pflanzen basiert ernährt. Ein Satz, den Dr. Ornish in dieser Dokumentation sagte, hat mir dabei am besten gefallen: „Die meisten Menschen und auch Ärzte meinen, dass es eine besondere Diät für Herzerkrankungen, rheumatische Erkrankungen, für Diabetes etc. und für Sportler gibt, dabei stimmt das nicht - eine rein pflanzenbasierte, fettarme Ernährung ist für jeden Menschen die beste Ernährung die er bekommen kann.“
Eine abwechslungsreiche, rein pflanzenbasierte, fettarme Ernährungsweise, die aus überwiegend naturbelassenen Nahrungsmitteln besteht, enthält alle Mikro- und Makronährstoffe die ein Mensch braucht, um gesund zu bleiben, auch wenn er vielleicht viel Sport treibt oder anderweitig sich viel bewegt. Dabei sollte die Ernährung sich in etwa aus 70 - 80 % Kohlenhydraten, 10 - 15 % Fett und 10 - 15 % Protein zusammensetzen - was als grober Richtwert angesehen werden sollte. (Auch noch weniger Fett ist für den Körper ausreichend, allerdings kaum machbar ;-) )
Ausser Vitamin B12 und Vitamin D, die leider aufgrund unserer Produktions- und Lebensweise nicht mehr auf natürliche Art und Weise in ausreichender Menge konsumiert werden können, braucht es keinerlei teurer Nahrungsergänzungsmittel oder Superfoods.
Meine Familie und ich leben nun seit rund 10 Jahren mit einer rein pflanzenbasierten Ernährungsweise und wir haben keinerlei Vitamin oder Mineralienmangel. Mein Energielevel ist angestiegen. Sportliche Betätigung gehört, seit ich denken kann, zu meinem Alltag. Es gab Phasen wo der Sport, die Intensität, ein wenig in den Hintergrund getreten war aber nun seit ca. 7 Jahren ist er wieder täglich präsent. Und ganz ehrlich, wenn ich mit meinem Rennrad durch die Gegend fahre und dann merke, dass mir keiner so leicht davon fährt, ich ziemlich leicht mit den aller meisten Freizeit-Rennrad-Sportlern mithalten kann, dann bestätigt das, für mich, die Richtigkeit der Aussage, dass ein High-Carb/Low-Fett Ernährungsweise die Beste Ernährungsweise ist.