Neu bei einer ölfreien Ernährung? Hier erfahren Sie, was sie unbedingt wissen müssen…
Neu bei einer ölfreien Ernährung? Hier erfahren Sie, was Sie unbedingt wissen müssen
(frei nach einem Artikel des Center for Nutrition Studies, 8. Februar 2024)
Die gängigen Ernährungsinformationen bieten widersprüchliche Ansichten über die gesundheitlichen Auswirkungen von Speiseölen auf unseren Körper. Angesichts von renomierten, wissenschaftlichen Zeitschriften wie „Harvard Health“, die dazu raten, Öle mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFAs – polyunsatured fatty acids) anstelle von gesättigten Fetten zu wählen, und zahlreichen Behauptungen und Studien, die auf die angeblichen positiven gesundheitlichen Fähigkeit von Olivenöl hinweisen, das Risiko von Herzerkrankungen zu senken, mag es ungewöhnlich oder sogar extrem erscheinen, im Rahmen einer gesunden Ernährung den Verzicht auf jegliches Öl, jegliches extrahiertes Fett zu empfehlen.
„Gute Fette“ versus „schlechte Fette“
T.Colin Campbell, PhD, diskutiert dieses Thema eingehend in seinem Buch „The Future of Nutrition“:
„…Als bekannt wurde, dass der übermäßiger Konsum von gesättigten Fetten mit einem höheren Cholesterinspiegel im Blut und mit Herzkrankheiten assoziiert, dank der bereits erwähnten Arbeiten von Ancel Key, wurden gesättigte Fette schnell als „schlachte Fette“ bezeichnet. Ungesättigte Fette hingegen, die mit einem niedrigeren Cholesterinspiegel und weniger Herzerkrankungen in Verbindung gebracht wurden, galten fortan als „gute Fette“.
Leider ist diese ausserordentlich vereinfachte Unterscheidung weitgehend an der Wahrheit vorbeigegangen und hat zu einer Menge unnötiger Verwirrung geführt….“
Zunächst ein kurzer Überblick: Gesättigtes Fett, das bei Zimmertemperatur fest ist, wird im Allgemeinen mit tierischen Lebensmitteln in Verbindung gebracht, während ungesättigtes Fett, das bei Zimmertemperatur flüssig ist, mit pflanzlichen Lebensmitteln in Verbindung gebracht wird. Dies ist jedoch eine sehr vereinfachte Unterscheidung. Die Wahrheit ist vielmehr, dass natürliche Nahrungsmittel sowohl gesättigte als auch ungesättigte Fettsäuren enthalten, wobei sich letztere weiter in die Kategorien einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren unterteilen lassen. Es stimmt, dass Pflanzen, abgesehen von Kokosnüssen, tendenziell einen viel höheren Anteil ungesättigter Fettsäuren beinhalten als tierische Lebensmittel aber wir sollten nicht vorschnell gesättigte Fette verteufeln.
Dr. Campbell argumentiert, dass der Zusammenhang zwischen gesättigten Fetten und Krankheiten eher als ein Zusammenhang zwischen tierischen Eiweiß (!) und Krankheiten interpretiert werden sollte:
„… Biochemisch gesehen sind gesättigte Fette relativ träge (…) Wenn überhaupt, dann sind ungesättigte Fette eher die Ursache für die Entstehung von Krankheiten. Ungesättigtes Fett ist biochemisch viel aktiver, trägt zur Bildung hochreaktiver Sauerstoffspezies bei, die Krankheiten wie Krebs und Herzkrankheiten fördern und fördert in Tierversuchsstudien Krebs mehr als gesättigtes Fett. …“
Während der Mechanismus, durch den gesättigtes Fett die Entstehung von Krankheiten auslösen könnte, unklar bleibt, gibt es zahlreiche Mechanismen, die den Verzehr von tierischem Eiweiß mit der Zunahme von Krankheiten in Verbindung bringen: Oxidation durch freie Radikale, Wachstumshormonaktivitäten usw. „und kritischer Weise“, so schließt Dr. Campbell, „kann tierisches Eiweiß im Gegensatz zu gesättigtem Fett nicht aus tierischen Lebensmitteln entfernt werden“
Mit anderen Worten: Obwohl gesättigte Fette in hohem Maße mit tierischen Eiweiß korrelieren, vernachlässigen wir, wenn wir uns nur auf die Fette konzentrieren, das weitaus bedeutendere Problem in unserem Ernährungsmuster – den übermäßigen Verzehr tierischer Lebensmittel. Wenn wir uns nur auf das Fett konzentrieren, könnten wir sogar den Fehler begehen, unsere Aufnahme von tierischen Eiweiß zu erhöhen.
Was auch geschehen ist, man denke nur einmal an „fettreduzierte Milch“ auch „Magermilch“ genannt. So wurde das „Fett“ aus den Rinder- und Schweinesteaks weggezüchtet, es wird geraten eher mageres Putenfleisch zu konsumieren und beim Brathühnchen einfach die fettige Haut weg zu lassen. Was alles zu einer Erhöhung der Konzentration von tierischen Protein (Eiweiß) pro Nahrungsmittelportion führte.
Schlussendlich dürfen wir nicht vergessen, dass sich Nährstoffe in vollwertigen Lebensmitteln nicht so verhalten wie in isolierten. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften fetthaltiger pflanzlicher Nahrungsmittel wie Nüsse, Samen und Avocados z.B. können nicht erhalten werden, wenn man nur ihre extrahierten und hochkonzentrierten Öle verzehrt. Wenn wir nur das Öl konsumieren, nehmen wir viel von dem , was gut ist, weg.
Der Nährwert von Öl
Im Vergleich zu vollwertigen Lebensmitteln hat Öl im Durchschnitt eine deutlich höhere Kaloriendichte.
Hier ein paar Beispiele:
Gemüse: 100 Kalorien pro Pfund
Obst: 300 Kalorien pro Pfund
Nüsse: 2.500 bis 3.000 Kalorien pro Pfund
Öl: 4.000 Kalorien pro Pfund
Abgesehen von den Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind in Öl nur wenige Nährstoffe enthalten, mit Ausnahme von Vitamin e und Vitamin K. Betrachten Sie den Unterschied zwischen 100 Gramm grünen Oliven und 100 Gramm Olivenöl:
Mal abgesehen von dem hohen Natriumgehalt (Salzgehalt) – der bei anderen pflanzlichen Lebensmittel nicht so stark ins Gewicht fällt wie bei Oliven, die Salz zur Konservierung benötigen – steht ausser Frage, dass ganze Pflanzen eine viel bessere Nährstoffbilanz aufweisen als die entsprechenden Öle. (Übrigens erhalten Sie viel Vitamin E aus Nüssen und Samen und Vitamin K aus grünem Blattgemüse)
Was passiert mit Ihrem Körper, wenn Sie Öl konsumieren?
Fettreiche Lebensmittel, darunter Öle, lösen in unserem Körper und unserem Gehirn eine intensive Reaktion aus, was dazu beitragen kann, dass sie offensichtlich süchtig machen. Jeder kennt diesen Effekt, so ist jedem bekannt, dass „Fett ein Geschmacksträger ist“ und wenn man die Tüter Chips einmal geöffnet und ein paar Chips gegessen hat, dann legtm an in der REgel die Tüte erst zur Seite, wenn diese leer ist. 😉
Der Verzehr von fettigen Lebensmittel mag zwar ein Glücksgefühl auslösen aber was dann folgt ist alles andere als gesund für den Körper. Der Schaden einer fettreichen Mahlzeit setzt schnell ein, ein paar Beispiele:
- die Endothelfunktion nimmt über mehrere Stunden ab, was zu einem verminderten Blutfluss führt. (Das Endothel ist die innerste Zellschicht unserer Blutbahnen und ist unter anderen dafür verantwortlich, dass die Blutgefäße sich bei Bedarf ausdehnen und zusammenziehen können.)
- Die Verdauung verlangsamt sich, da Enzyme, die Magensäure, Galler und andere Säfte daran arbeiten, das Fett anzubauen.
- Überschüssige Fette werden in der Leber in Triglyceride und Cholesterin umgewandelt und im Körper als zukünftige Brennstoffquellen gespeichert. (Für Zeiten in denen das Nahrungsangebot knapp ist aber mal ehrlich, wann haben wir die letzte Hungerperiode durchlebt, wo wir diese Fettreserven als Energieträge gebraucht haben?)
Wir haben bereits eine der wichtigsten Überlegungen angesprochen aber es lohnt sich sie zur Verdeutlichung zu wiederholen. Als Spezies sind wir aus evolutionären Gründen fest dazu veranlagt nach kalorienreichen Nahrungsmitteln zu suchen. Während des größten Teils der Menschheitsgeschichte waren Kalorien Mangelware, so dass unser Gehirn einen sehr beeindruckenden Überlebensmechanismus entwickelt hat: Wenn wir Lebensmittel mit einer höheren Kaloriendichte essen, setzt unser Gehirn eine höhere Konzentration von Dopamin und natürlichen Opiaten frei. Allerdings verhält es sich mit dem Dopamin und den körpereigenen Opiaten wie mit allen „Drogen“ bei vielen Menschen, mit der Zeit reicht die einfache Dosis nicht mehr aus um das Glücksgefühl, die Zufriedenheit zu erlangen und das führt dann zu einen höheren Konsum, in immer kürzerer Taktung. Das Ergebnis sehen wir in der Regel jeden Tag in der Öffentlichkeit. In den letzten Jahrzehnten ist das Nahrungsmittelangebot in den wohlhabenden Ländern nicht nur reichhaltiger geworden (dank der Globalisierung können wir rund ums Jahr nun Bananen, Orangen und anderes Gemüse kaufen), sondern auch voller industriell hergestellter Lebensmittel, die unseren Überlebensinstinkt aushebeln. (Mehr zu diesem Thema in nächsten Blogbeitrag oder auf Anfrage)
Kommen wir zur nächsten spannenden Frage.
Sind manche Öle gesünder?
Ganz sicher haben Sie schon oft gehört, dass bestimmte Öle gesundheitsfördernd sein sollen. Viele dieser Behauptungen beruhen auf nicht ganz idealen Vergleichen und/oder Vergleichsstudien. Öle, die mehr entzündungshemmende Omega-3-Fettsäuren enthalten erscheinen wahrscheinlich weniger schädlich als Transfette oder Lebensmittel mit einem höheren Anteil an entzündungsfördernden Omega-6-Fettsäuren aber das bedeutet nicht (!), dass sie gesund sind. Tatsächlich zeigen die Daten, dass Öle die Endothelfunktion immer in unterschiedlichem Maße beeinträchtigen. (Mehr über Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in Kürze)
Dies gilt sogar für kaltgepresste Öle, deren angebliche gesundheitliche Vorteile möglicherweise darauf zurück zu führen sind, dass bei der Verarbeitung keine Hitze oder Chemikalien verwendet werden. Im Vergleich dazu entsteht beim Expeller-Pressverfahren Hitze durch Reibung – da ungesättigte Fette bei hohen Temperaturen instabil werden, könnten Öle, die Hitze ausgesetzt sind, mehr freie Radikale enthalten und somit bei der Aufnahme mehr Zellschäden verursachen – und andere Öle werden mit Lösungsmitteln extrahiert, deren Rückstände in Spuren im Endprodukt enthalten sein können.
Aber wie wir bereits festgestellt haben, gehen die Nachteile des Ölverzehrs weit über die bei der Verarbeitung entstehende Hitze oder die Möglichkeit der Aufnahme von Spuren von Lösungsmitteln hinaus. Selbst wenn diese beiden Probleme, wie bei kaltgepressten Ölen, ausgeräumt werden könnten, bliebe uns im Grunde ein nährstoffarmes, aber kalorienreiches Nahrungsmittelfragment.
Fett aus vollwertigen Nahrungsquellen
Fest steht, wir alle brauchen etwas Fett in unserer Ernährung, um fettlösliche Nährstoffe, wie z.B. die fettlöslichen Vitamine E, D, K, A, zu absorbieren und die Zellgesundheit zu erhalten. Jedoch ist die Menge nicht annähernd so groß, wie die meisten Menschen Fett zu sich nehmen. Im Jahr 2007 nahm der durchschnittliche Mensch in den westlichen Industrieländern, der älter als zwei Jahre als war, etwa 79 Gramm Fett pro Tag zu sich (Tendenz steigend), was bei einer 2.000 Kalorien-Ernährung 35,6 % der Kalorien aus Fett entspricht.
Der WFPB-Lebensstil (whole food plant based -lifestyle = vollwertiger, rein pflanzen basierter Ernährungsstil…. bitte nicht zu verwechseln mit VEGAN) hingegen hält die Fettaufnahme zwischen 10 – 15 %. Der Gesamtfettbedarf variiert natürlich je nach Alter, Aktivitätsniveau und Gesundheitszustand aber im Allgemeinen enthält die westliche Standarternährungsweise weit mehr als wir brauchen.
Wir brauchen uns also keine Sorgen machen, dass wir genug Fett zu uns nehmen, selbst bei einer fettfreien Ernährung, denn es gibt so gut wie kein vollwertiges, pflanzliches Nahrungsmittel, dass kein Fett beinhaltet. Es gibt jedoch viele schmackhafte Möglichkeiten, viel gesunde pflanzliche Fette zu bekommen:
- Nüsse, Samen, Körner und deren Musarten (achten Sie aber bitte darauf das die Produkte frei von Zusätzen wie Öl, Zucker, Salz sind)
- Avocados
- Bohnen wie Pinto-Bohnen, schwarze Bohnen, Kidneybohnen
- Hülsenfrüchte wie Kichererbsen
- ganze oder fermentierte Sojaprodukte, wie Tofu, Räuchertofu, Temphe
Kommen wir zur letzten Frage, die in meiner Praxis die am häufigsten gestellte Frage ist, wenn es um Öle und Fette geht bzw. das weglassen von Ölen und Fetten.
Kochen ohne Öl ? (!!!)
Eine der wichtigsten Umstellungen für die meisten Menschen findet in der Küche statt:
Wenn Sie noch nie ohne Öl gekocht haben, kann das gewöhnungsbedürftig sein. Aber keine Angst, mit ein wenig Übung werden Sie schnell feststellen, dass Sie viele Ihrer Lieblingsrezepte und Kochmethoden an einen ölfreien Lebensstil anpassen können. Probieren Sie diese einfachen Tipps aus, um Öl zu entfernen, ohne Geschmack zu verlieren:
braten Sie Gemüse bei niedrigen Temperaturen für längere Zeit
besprühen Sie Gemüse mit Apfelessig oder salzfreier Gemüsebrühe und fügen Sie vor dem braten Ihre Lieblingsgewürze hinzu
dämpfen Sie Gemüse lieber, statt in Wasser zu kochen und würzen Sie zum Schluss
sautieren Sie mit kleinen Mengen Wasser, Gemüsebrühe, Weiß- oder Rotwein, Cherry, Whiskey oder natürlich gewürztem Essig
erhitzen Sie die Panne mit etwas Wasser zuerst auf hoher Temperatur, geben Sie dann das Gemüse bei und reduzieren Sie die Hitze anschließend
investieren Sie in eine Heißluftfritteuse für selbstgemachte Pommes und Chips
Ersetzen Sie Öl, Butter und Margarine in Backwaren durch Apfelmus (ungesüßt, pur), Nussmus, Kürbis-Püree, Aquafaba (das Wasser der eingekochten Kichererbsen im Glas), Bananen oder Pflaumenpüree (mein Favorit!)
Experimentieren Sie, bis Sie Ihre Lieblingsmethode gefunden haben und Sie werden das fettige, schwere Gefühl von Öl nicht mehr vermissen. Ihr Herz, Ihr Bauch und Ihre Geschmacksknospen werden es Ihnen danken.
(weitere Informationen zum kochen ohne Öl finden Sie auch in meinem Kochbuch, bei meinen Beratungen in meiner Praxis und auf Nachfrage per Mail)
Studien und Quellen:
- McManus, Katherine D. “10 Foods That May Impact Your Risk of Dying from Heart Disease, Stroke, and Type 2 Diabetes.” Harvard Health Blog. October 7, 2019. https://www.health.harvard.edu/blog/10-foods-that-may-impact-your-risk-of-dying-from-heart-disease-stroke-and-type-2-diabetes-2019100717965.
- Mornin, Karen. “These Foods Will Lower Your Risk of Heart Disease.” The Conversation. November 5, 2017. https://theconversation.com/these-foods-will-lower-your-risk-of-heart-disease-84764.
- Campbell TC. The Future of Nutrition (with Nelson Disla). BenBella Books, Inc., Dallas TX, 2020.
- “Calorie Counts Comparison.” Healthy Diet Habits. http://www.healthy-diet-habits.com/calorie-counts.html.
- FoodData Central. Olives, green. US Department of Agriculture (USDA). https://fdc.nal.usda.gov/fdc-app.html#/food-details/1103679/nutrients
- FoodData Central. Olives, green. US Department of Agriculture (USDA). https://fdc.nal.usda.gov/fdc-app.html#/food-details/2345743/nutrients
- Todd, Carolyn L. “Here’s What Actually Happens in Your Body When You Eat Fat.” Self. June 4, 2019. https://www.self.com/story/what-fat-does-in-your-body.
- “Oils.” NutritionFacts.org. https://nutritionfacts.org/topics/oils/.
- Greger, Michael. “Olive Oil & Artery Function.” NutritionFacts.org. August 17, 2015. https://nutritionfacts.org/video/olive-oil-and-artery-function/.
- Murray, Jennifer. “DefiningCold-Pressed Oils.” The Spruce Eats. November 28, 2018. https://www.thespruceeats.com/cold-pressed-or-expeller-pressed-oil-3377437.
- Yousefi, Mojtaba, and Hedayat Hosseini. “Evaluation of Hexane Content in Edible Vegetable Oils Consumed in Iran.” Journal of Experimental and Clinical Toxicology 1, no. 1 (2017): 27-30. doi:10.14302/issn.2641-7669.ject-17-1790.
- Casselbury, Kelsey. “The Average Fat Intake in SAD.” SF Gate. November 19, 2018. https://healthyeating.sfgate.com/average-fat-intake-sad-11370.html.